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Technische Rundschau

Auf den Hund gekommen

Mit «Anymal» bietet das Hightech-Unternehmen Anybotics aus Zürich einen vierbeinigen Inspektionsroboter an, der vor allem in der Grossindustrie zum Einsatz kommt, wo die Sicherheit der Mitarbeiter eine Rolle spielt, aber auch die Erhöhung der Produktivität ein entscheidendes Thema ist. Damit der Roboter überhaupt laufen lernte, setzte das noch junge Unternehmen mit über 50 Mitarbeitern auf Solidworks.

Der Unternehmergeist von Andreas Lauber, COO und Co-Founder von Anybotics, ist förmlich zu spüren – mit Euphorie berichtet er über sein «Baby», den Anymal, in dem viele Menschen einen Hund sehen: «Grundsätzlich ist unser Roboter ein Gerät, das vollautonom durch die An­lagen streift und Routinekontrollen durchführt.» Wenn man sich beispielsweise eine grosse Chemieanlage vorstellt, in der hunderte von Messgeräten verbaut sind, die nicht miteinander vernetzt sind, kann Anymal diese einzeln ablesen und so den Status der gesamten Anlage erfassen – und das 24 Stunden am Tag.

Anybotics ist eine Ausgründung der ETH Zürich. Dort nutzte Lauber seinerzeit für den Forschungs-Prototyp «Anymal B» das CAD-System «NX» und die Siemens-PLM-Software «Teamcenter». Mit der Abnabelung 2019 suchte der Ingenieur allerdings finanzierbare Software-Alternativen. «So haben wir uns auf Midrange-CAD-Systeme konzen­triert und uns für Solidworks entschieden, das einerseits sehr intuitiv zu bedienen und andererseits stark verbreitet ist», erzählt der Chief Operating Officer. «Das vereinfacht auch die Suche nach Mitarbeitern, denn viele Ingenieure und Konstrukteure haben bereits Erfahrung mit Solidworks. Letztlich haben wir für die von uns benötigte Grundausstattung an Solidworks-Lizenzen zudem ein sehr attraktives Angebot von Solid Solutions erhalten.» Anymal C, der aktuelle Inspektionsroboter von Anybotics, lässt sich nicht nur auf vordefinierten Routen durch die Anlage bewegen, er kann auch individuell per Fern­bedienung gesteuert werden, womit er noch flexibler einsetzbar ist. Der Roboter reagiert sogar auf seine Umwelt – die Sensorik, mit der Anybotics ihn ausgestattet hat, erkennt zum Beispiel, ob Hindernisse oder Menschen im Wege stehen und lassen ihn ausweichen. 

Erste Visualisierungen

Für Anymal C haben die Ingenieure den Roboter komplett neu designt. Das 35-köpfige internationale Entwicklerteam besteht aus jungen, hoch ausgebildeten Spezialisten. Hier arbeiten Robotik-Experten, Mechatronik-Ingenieure, Simulationsprofis und Industriedesigner enthusiastisch an ihrem autonomen Vierbeiner. Solidworks ermöglichte dem Team schon sehr früh, erste Visualisierungen zu erstellen, die fixen Komponenten sowie die Sensorik einzuplanen und die Elektronik zu arrangieren, um so ideale Lösungen zu erarbeiten. Anschliessend wurden die Konzepte miteinander verglichen: «Wir sahen schnell, wie sich Grössenverhältnisse und Gewichte auswirkten – hier ist Solidworks extrem stark», verdeutlicht Lauber. «Mit den Simulations-Lösungen von Solidworks konnten wir zudem schon früh Analysen für bewegliche Teile erstellen, aber auch für Kühlkonzepte – für uns ein ganz zentrales Thema, denn Anymal C ist nach IP67 wasserdicht.» Nicht ganz trivial: Denn der Roboter ist für das Untertauchen in bis zu einem Meter Wassertiefe für maximal 30 Minuten geeignet und muss sich an der Luft dennoch gut kühlen lassen.

«Was uns an Solidworks ausserdem sehr gefiel, war das Produktdatenmanagement, mit dem unsere Ingenieure zeitgleich an der Konstruktion arbeiten können und eine hohe Datenqualität und -sicherheit erreicht wird», erläutert Lauber. Mit Solidworks PDM hat das Entwicklungsteam den Überblick über sämtliche Konstruktionsdaten. Genau definierbare Berechtigungen stellen sicher, dass die richtigen Personen zum richtigen Zeitpunkt Zugriff auf alle relevanten Daten haben. Automatisierte Prüf- und Genehmigungs­abläufe reduzieren Fehlerquellen und sparen Zeit. Ausserdem arbeiten die Konstrukteure jederzeit mit den aktuellen Daten-Versionen. Insgesamt ist das ein grosser Gewinn für die Produktqualität und die Produktivität des Teams.

Inspektionsroboter als Massenprodukt

Goldwert waren laut Lauber auch die PDM-Administrator-Schulungen von Solid Solutions, dank derer das Entwicklungsteam von Beginn an schnell und zuverlässig arbeiten konnte. Aber noch weitere Tools waren für die Wahl von Solidworks ausschlaggebend: «Die Normteile­bibliothek ermöglicht uns, das Engineering auf die Produktion auszu­richten. Zudem sind die Werkzeuge zur Konstruktionsprüfung, zum Beispiel von statischen und dynamischen Lasten sowie der Wärme­leitung, aber auch zur Topologieoptimierung für uns äusserst hilfreich. So stellen wir sicher, dass Anymal C auch tatsächlich so funktioniert, wie wir es uns vorstellen. Der Roboter soll in Zukunft zudem massenproduzierbar sein. Damit die benötigten Teile schneller in grösseren Mengen verfügbar sind, werden wir auch in Richtung Kunststoffproduktion gehen. Dafür können wir uns die Simulation mit Solidworks Plastics sehr gut vorstellen. Das Solidworks-Gesamtpaket deckt alles Nötige für unsere Produktentwicklung sehr gut ab», hebt Lauber hervor.

Bei allen Möglichkeiten, die Solidworks mit sich bringt, sieht Lauber aber auch Potenzial für Verbesserungen: «Das Freiformflächen-Tool ist leider nicht ganz so mächtig wie bei den Highend-Lösungen. Es ist ein bisschen fragiler, ein bisschen umständlicher. Dafür hat Solid Solutions ein extrem kompetentes und schnelles Helpdesk. Da wird nicht lange gefackelt – eine Antwort kommt sofort zurück. Das gefällt mir persönlich sehr. Und mit dem Remote-Access können sich die Support-Mitarbeiter der Solid Solutions allfällige Probleme im System live anschauen und die notwendigen Anpassungen sofort vornehmen.»

Lauber sagt dem Anymal einen Milliarden-Markt voraus, hält sich aber gleichzeitig bedeckt, was die Kosten für einen solchen Roboter anbelangt. Aktuell produziert Anybotics jährlich ein paar Dutzend von Anymal C. In den kommenden zwei Jahren soll die Produktion auf über 100 Stück hochgefahren werden. Anfang Dezember 2020 hat sich das Start-up dafür frisches Kapital in der Höhe von 20 Millionen Franken gesichert. Natürlich ist das Entwicklungsteam auch bereits mit den Planungen eines Nachfolgers, dem Anymal D, am Start. Dabei setzt das das junge Unternehmen weiterhin ganz auf Solidworks. 

Drei Fragen an Andreas Lauber, COO und Co-Founder von Anybotics

«Das ist für uns eine grossartige Werbung» 

Herr Lauber, Anybotics hat im September den Swiss Economic Award 2020 in der Kategorie Hightech/Biotech gewonnen. Danach erhielt Ihr Unternehmen auch das Qualitätslabel «SEF High Potential KMU». Wie stufen Sie diese Auszeichnungen ein und was resultiert daraus?
Wir sind sehr stolz, dass wir den Swiss Economic Award gewinnen konnten, denn das ist der wichtigste Jungunternehmerpreis in der Schweiz. Schliesslich stellen sich bei Anybotics immer Fragen wie «Gehen wir in die richtige Richtung?», «Sind wir richtig aufgestellt?» und so weiter. Wir fühlen uns in unseren Bestrebungen nun bestätigt. Für uns ist der Award zudem ein Qualitätssiegel, das Lieferanten und Kunden zeigt, dass das, was wir machen, Hand und Fuss hat. Auch Solidworks hat dazu beigetragen. Ausserdem hat die Auszeichnung extrem zur Visability beigetragen – sie ging durch die Nachrichten hoch und runter. Das ist für uns eine grossartige Werbung – auch für potenzielle Arbeitnehmer. Wir sind immer daran interessiert, Talente für uns zu gewinnen. Denn wir wollen weiter wachsen.

Anybotics hat im September auch eine enge und langfristige Kooperation im Bereich der Weiterentwicklung und Produktion von Aktuatoren für Anymal mit dem Antriebsspezialisten Maxon verkündet. Wird es weitere Partnerschaften geben?
Ja, denn wir können nicht alles abdecken. Maxon ist unsere erste Partnerschaft – sie sind die absoluten Profis im Bereich der elektrischen Antriebstechnik, und genau darum sind wir diese Partnerschaft auch eingegangen, zumal die Antriebstechnik eine der Hauptkomponenten in unserem Roboter darstellt. Unsere grösste Fähigkeit hingegen ist die Systemintegration. Von daher: Ja, wir werden sicher weitere Partnerschaften eingehen.

Was treibt Sie persönlich an? 
Für mich ist die Laufrobotik höchst faszinierend. Es ist beeindruckend, wie sich unser Roboter als Maschine in der Umgebung schon natürlich anmutend bewegt und sich ständig weiterentwickelt, neue Tricks beherrscht, robuster wird oder seinen Aufgaben schneller beziehungsweise besser nachkommt. Was mich ebenfalls fasziniert, sind die Fragen: «Wie stelle ich den Roboter überhaupt her und wie stelle ich das Teil in grösseren Stückzahlen her?» – mit allem was dazu gehört. 

Joachim Vogl 

solidsolutions.ch
anybotics.com