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Technische Rundschau

«Besonderer Mehrwert in puncto Flexibilität»

Mit dem Arbeitskräftemangel haben auch Schweizer Unternehmen zu kämpfen. Dennoch scheuen noch viele Mittelständler davor zurück, auf den Einsatz von Robotern zu setzen. Die «Technische Rundschau» sprach hierzu mit zwei Schweizer Robotik-Experten: Dieter Pletscher, globaler Vertriebschef des Kopenhagener Cobot-Herstellers Kassow Robots, der zu Bosch Rexroth gehört, und Daniel Schraner, der die SwissCobots GmbH, den Vertriebs­partner von Kassow Robots in der Schweiz, repräsentiert.

Herr Schraner, warum haben Sie SwissCobots gegründet? Schliesslich trauen sich noch immer viele kleine und mittlere Unternehmen nicht, sich dem Thema Robotik anzunehmen ...
Daniel Schraner: Genau aus diesem Grund haben wir 2019 Swiss­Cobots gegründet. Denn wir vertreiben ja ausschliesslich die Leichtbauroboter von Kassow Robots. Da muss man nicht Atomphysik oder Robotik studiert haben, um Cobots zu benutzen. Sie sind einfach zu programmieren – es reicht technisches Interesse. Ich höre immer wieder von dem Problem, Arbeitskräfte zu finden. Da sind Cobots eine willkommene Lösung und können sogar Wachstums­motor sein – Stichwort: das Erhöhen von Kapazitäten durch die Rückholung von Lieferketten aus dem Ausland, ohne Personal­aufbau. Diesen erhöhten Spielraum wollen wir aufzeigen und ein zuverlässiger Begleiter bei der Automatisierung sein. 

Die Jules Bertschinger AG setzt beispielsweise einen Cobot von Kassow Robots ein. Wie schnell ging das mit der Einarbeitung?
Schraner:
Bei Jules Bertschinger wird ein KR1410 bei der Beladung von CNC-Maschinen eingesetzt, also eine ganz klassische Aufgabe für Cobots. Der Beladungsprozess findet im gleichen Arbeitsraum statt, in dem auch Menschen arbeiten. Die Schulung selbst dauerte einen knappen Tag. Und seitdem tut der Leichtbauroboter fleissig seinen Dienst, oft auch nach Feierabend oder wenn Mitarbeiter ausfallen. Und bedenken Sie: Roboter übernehmen immer monotone, stupide Aufgaben – die Menschen werden also entlastet und können woanders im Unternehmen viel mehr zur Wertschöpfung beitragen. 

CNC ist eine klassische Anwendung für Cobots. In welchen Branchen bietet sich der Einsatz von Leichtbaurobotern noch sinnvollerweise an?
Dieter Pletscher:
Die Möglichkeiten sind fast unendlich. Da gibt es natürlich branchenspezifische Applikationen wie Schweissen, CNC oder Dispensieren. Aber nehmen Sie die Qualitätsprüfung, Pick-and-place oder Palettieren: Das machen tausende Unternehmen verschiedenster Branchen allein in der Schweiz. Wir sind natürlich stolz, dass wir mit einer echten siebten Achse sogar einen besonderen Mehrwert in puncto Flexibilität bieten können. 

Was hat es mit der siebten Achse auf sich? 
Pletscher:
Mehr Flexibilität, denn dank der siebten Achse kann der Roboterarm ums Eck greifen. Die meisten Leichtbauroboter im Markt haben nur sechs Achsen und können maximal mit einer Linearachse um eine weitere ausgebaut werden. Wir bieten Unternehmen fünf Modelle, die alle sieben echte Achsen haben. Sie können somit auch auf kleinstem Raum automatisieren. Und wenn Sie einwenden, dass es auch wenige andere Siebenachser gibt, dann ja, aber mit Defiziten beim Gesamtpaket. Unser Produktportfolio deckt Reichweiten bis zu 1800 Millimeter, Traglasten bis zu 18 Kilogramm und Geschwindigkeiten bis zu 225 Grad pro Sekunde ab. Sie können somit besser und einfacher automatisieren. 

Inwiefern ermöglicht die siebte Achse ein einfacheres Automatisieren?
Schraner:
Zum einen können Sie dadurch auf kleinstem Raum automatisieren. Platz bedeutet Kosten, und mit unseren Cobots brauchen Sie weniger Platz. Denken wir zudem konkret an Applikationen: Bei CNC-Maschinen kann man unsere Roboter neben die Maschinenöffnung stellen, der Arm kann hineingreifen. Dispensier- oder Schweissaufgaben können ohne ein Absetzen in einem Schwung umgesetzt werden. 

Last but not least: Ihre Tipps für einen Mittelständler, der mit Robotik liebäugelt?
Schraner:
Erstens: einfach ausprobieren – wir sehen immer wieder freudig überraschte Gesichter, wenn Mittelständler die Kassow-Robots testen. Zweitens: die  Flexibilität und Unabhängigkeit sehen. Unsere Leichtbau-Roboter sind ja für mittlere und kleine Losgrössen gemacht, und Sie können sie heute für dies und morgen für etwas anderes nutzen – und eben selbst programmieren.
Pletscher: Und als dritten Punkt: ja, Cobots einzusetzen ist einfach. Aber wir empfehlen immer, sich beim Start mit Cobots einen Systemintegrator an die Seite zu holen. Wir sind stolz, mit SwissCobots einen zuverlässigen Partner in der Schweiz zu haben, der die Industrie auf Augenhöhe begleitet.

(jvo)