chevron_left
chevron_right
Technische Rundschau

MEM-Industrie: erfreuliche Auftragslage in Q2

Obwohl die Swissmem bei der am 30. August 2022 in Zürich abgehaltenen Halbjahres-Pressekonferenz gestiegene Umsatzahlen und Auftragseingänge bekanntgab, drücken unter anderem Lieferkettenprobleme und massiv steigende Energie- und Rohstoffpreise auf die Stimmung.

Im ersten Halbjahr 2022 nahmen die Auftragseingänge in der Schweizer MEM-Industrie gegenüber der Vorjahres­periode um 10,1 Prozent zu. Das Auftragsvolumen liegt nach sechs Quartalen mit positiven Wachstumsraten nun 30 Prozent über dem Vorkrisenniveau (Q4/2019). Die Wachstumsdynamik hat jedoch im zweiten Quartal 2022 abgenommen. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Umsätzen. Diese stiegen gegenüber dem ersten Halbjahr 2021 um 12,1 Prozent. Aufgrund des hohen Auftragsbestandes dürften die Umsätze auch im zweiten Halbjahr weiter zulegen. Sowohl KMU wie auch Grossfirmen profitieren von dieser positiven Geschäftsentwicklung. 

Die Kapazitätsauslastung in den Betrieben erreichte im zweiten Quartal 2022 hohe 90,3 Prozent. Gemäss der jüngsten KOF-Umfrage sank sie im Juli auf 89,5 Prozent. Sie liegt aber nach wie vor deutlich über dem langjährigen Mittel von 86,2 Prozent. Für die Beschäftigung liegen noch keine Halbjahreszahlen vor. Im ersten Quartal 2022 arbeiteten 320 900 Personen in der MEM-Branche. Das sind 2,4 Prozent mehr als im Vorjahresquartal. Zudem ist die Anzahl offener Stellen in Swissmem-Mitgliedfirmen innerhalb eines Jahres um 32 Prozent gestiegen. 

Exportwachstum in alle wichtigen Märkten

Die Güterausfuhren der MEM-Industrie erreichten im ersten Halbjahr 2022 einen Wert von 36,5 Milliarden Franken. Dieser Wert liegt um neun Prozent höher als in der Vor­jahresperiode. Die MEM-Branche hat dabei in alle Hauptmärkte mehr exportiert (Asien +14,1%, EU +8,5% / USA +7,5%). Sämtliche Warengruppen legten bei den Exporten zu. Die Ausfuhren bei den Metallen stiegen um +13,3 Prozent, in der Elektrotechnik/Elektronik um +8,9 Prozent, bei den Präzisionsinstrumenten um +7,6 Prozent und im Maschinenbau um +7,4 Prozent.

Dunkle Wolken am Horizont

Stefan Brupbacher, Direktor Swissmem, sagt: «Die Auftrags- und Umsatzentwicklung in unserer Branche ist erfreulich. Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Lieferprobleme und vor allem die stark steigenden Energie- und Rohstoffpreise haben die Produktionskosten deutlich erhöht. Bei weitem nicht alle Firmen können die höheren Kosten rasch auf ihre Kunden überwälzen. Insbesondere die explodierenden Energiekosten bedrohen manche Firmen in ihrer Existenz.» 

Die Stimmung in den Swissmem-Mitgliedfirmen hat sich generell eingetrübt. Für die kommenden zwölf Monate gehen 30 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer von sinkenden Aufträgen aus dem Ausland aus. Das sind zwölf Prozentpunkte mehr als in der Umfrage des ersten Quartals 2022. Der Anteil jener, die höhere Aufträge erwarten, hat sich von 35 auf 29 Prozent verringert. Der Stand des Einkaufsmanagerindex (PMI) der Industrie widerspiegelt diese Eintrübung. In der Eurozone, dem wichtigsten Markt der Schweizer Industrie, sank der PMI im Juli 2022 erstmals seit Mitte 2020 unter die Wachstumsschwelle. 

Verunsicherung bei der Energieversorgung

Wegen des Ukrainekrieges droht in diesem Winter eine Gas- und Strommangellage. Die Industrie ist für ihre Produktionsprozesse existenziell auf eine unterbruchsfreie Energieversorgung angewiesen. Nur ein Teil der MEM-Firmen ist in der Lage, mit einer flexiblen Produktionsplanung allfällige Unterbrüche aufzufangen. Betriebe, deren Produktionsprozesse hohe Temperaturen erfordern, sind hingegen zwingend auf eine unterbruchsfreie Versorgung angewiesen. Falls diese wegfällt, müssten sie ihre Produktion vollständig einstellen. Martin Hirzel, Präsident Swissmem, warnt: «Eine Strom- oder Gasmangellage muss verhindert werden. Sie würde in der Industrie Unternehmen und deren Arbeitsplätze gefährden.» Deshalb müssen Industriefirmen, die technisch auf eine unterbruchfreie Energieversorgung angewiesen sind, von einer allfälligen Gas-/Strom-Rationierung ausgenommen werden.

Darüber hinaus darf es die Schweiz nicht verpassen, für eine mittel- und langfristig sichere und nachhaltige Energieversorgung zu sorgen. Dabei darf es keine Technologieverbote geben. Die Energiestrategie 2050 muss adjustiert werden. Die aktuelle Lage zeigt deutlich, dass man nicht gleichzeitig aus nuklearen und fossilen Energieträgern aussteigen kann. Die Absicht des Bundes, bis 2025 zwei bis drei Gaskraftwerke mit einer Gesamtleistung von bis zu 1000 Megawatt zu bauen, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Zudem braucht es eine Straffung der Bewilligungsverfahren. Hirzel fordert: «Die 15 Wasserkraftprojekte, welche der Runde Tisch im vergangenen Dezember bezeichnet hat, müssen so rasch wie möglich realisiert werden. Jahrelange Verzögerungen bei Kraftwerksprojekten kann sich die Schweiz nicht mehr leisten.» Mit einer Gesetzesvorlage, welche die Einsprachemöglichkeiten für diese Projekte einschränkt und die Verfahren strafft, könnte das Volk bereits Ende 2023 in einem allfälligen Referendum darüber abstimmen.

swissmem.ch