In den zehn Jahren des Praxisforums habe sich die Additive Fertigung enorm entwickelt, sei als Fertigungstechnologie nicht mehr wegzudenken, wie Hochschul-Vizepräsident Prof. Dr. Markus Jautze betonte. Und um diese Technologie weiter zu entwickeln, neue Ideen und Anregungen zu bekommen, sei der Austausch zwischen Unternehmen und Forschung von grosser Bedeutung. Mit dem aktuellen Praxisforum, wolle man beleuchten, wo die Reise in Bezug auf die Additive Fertigung (AF) hingehe, welche Zukunftsvisionen denkbar sind, erläuterte Veranstaltungsinitiator Prof. Dr. Norbert Babel.
Neue Dimensionen der Additiven Fertigung
Babel führte in seiner Einführung aus, dass uns die AF neue Dimensionen in Design und Herstellung von Bauteilen gebracht habe, und in den rund 50 Jahren, in der es diese Technik schon gibt, zwar immer neue Verfahren entwickelt worden seien, aber an der grundsätzlichen additiven Drucktechnologie, in der Form des schichtweisen Modellaufbaus sich seither wenig geändert habe. Allerdings seien jetzt neue Begriffe wie 4D- oder sogar 5D- und 6D-Druck im Gespräch. Unter dem 4D-Druck versteht man ein 3D-geducktes Objekt, das sich unter der Zufuhr von Energie, wie Temperatur oder Licht, in eine andere Struktur verwandelt. So habe zum Beispiel Skylar Tibbits vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) die Idee von Rohren entwickelt, die ihre Form je nach Wassermenge und Temperatur ändern, um eine Pumpwirkung zu erzielen. Dies funktioniere mit speziellen Hydrogelen oder Shape Memory Polymeren, indem weiche und harte Photopolymere innerhalb eines Druckteils so nebeneinander gedruckt werden, dass die Formgebung gesteuert werden kann. Funktionale Kleidung, bei der sich in Abhängigkeit von der Temperatur Poren schliessen oder öffnen, werden bereits produziert. Auch das BMW-Konzeptcar Next 100 habe eine im 4D-Druck hergestellte Karosserie vorgestellt, welche sich mit dem Luftstrom verändere und sich diesem anpasse. Der 5D-Druck beschränke sich auf eine zusätzliche vierte und fünfte NC-Achse für Dreh- und Schwenkbewegungen im Drucker und der 6D-Druck sei lediglich eine Kombination auf 4D- und 5D-Druck.
Positive Aussichten für die AF
Wie gesellschaftliche Entwicklungen und politische Entscheidungen die Zukunft der Additiven Fertigung beeinflussen können, zeigte Thomas Eder anhand einer von Bayern Innovativ erstellten Forschungsstudie. Darin wurden verschiedene Zukunftsszenarien in Bezug auf die Entwicklung der AF für das Jahr 2040 erstellt. Positive Aussichten für die AF seien zu erwarten, wenn sich Digitalisierung und Nachhaltigkeit als prägende Trends etablieren. Der 3D-Druck spiele sowohl für Ersatzteile und Konsumgüter eine grosse Rolle, Synergien mit KI und Quantencomputing schaffe neue Optionen und die AF fördere dezentrale und resiliente Denkweisen im industriellen Kontext. Setzen sich neben der Digitalisierung langlebige Produkte mittels konventioneller Produktion durch oder stellen Ressourcenknappheit & Hobbytüftler die dominanten Entwicklungen dar, bleibr die AF eher eine Nischentechnologie.
Laufe die Entwicklung zu einer volldigitalisierten Hightechwelt im Konsumrausch – verbunden mit dem Ziel der Klimaschonung – würden die Anwendungsfelder für den 3D-Druck deutlich wachsen: Von (fast) Plug-and-Play-Lösungen und Print-at-Home-Systemen, zu vielfältigen individuellen Produkten auch in der Lebensmittelindustrie bis hin zum industriellen Umfeld. Eder kann Trends wie digitale Geschäftsmodelle, nachhaltiges Wirtschaften, Quantentechnolgie als Treiber für Effizienzsteigerung und verbesserte Cybersecurity sowie verbesserte Produktionsanlagen, bis hin zur Etablierung von Grossserien als positive Trends der additiven Fertigung erkennen, wenn Digitalisierung und Nachhaltigkeit auch weiterhin eine dominierende Rolle spielen.