Konjunktur 2025: Verhaltene Erwartungen in der MEM-Branche
2024 war ein schwieriges Jahr für die MEM-Branche (Tech-Industrie), das zeigen die Rückmeldungen der massgeblichen Verbände zur Konjunkturumfrage, die die Technische Rundschau jeweils in der ersten Printausgabe des Jahres veröffentlicht. Und auch die Prognosen für 2025 fallen zurückhaltend bis vorsichtig optimistisch aus.

«Eine baldige Erholung ist nicht in Sicht», sagt zum Beispiel Jean-Philippe Kohl, Vizedirektor und Bereichsleiter Wirtschaftspolitik Swissmem. Hier seine Antworten auf unsere Fragen – die vollständige Umfrage mit den Rückmeldungen aller befragten Verbände (Swissmem, Swissmechanic, SwissT.net, Tecnoswiss und Giesserei-Verband Schweiz) findet sich in der Printausgabe der Technischen Rundschau, Ausgabe 1-2/2025, die am 3. Februar 2025 erscheinen wird.
Wie war der Konjunkturverlauf 2024 aus Sicht der Mitglieder von Swissmem?
Jean-Philippe Kohl: Insgesamt verlief das vergangene Jahr für die gesamte Tech-Industrie enttäuschend. Anfang 2024 hatten wir gehofft, bis im Sommer die Talsohle zu erreichen und in der zweiten Jahreshälfte wieder zu wachsen. Das ist nicht eingetreten und der Abschwung hat sich fortgesetzt. Besonders schwer wog die wirtschaftliche Schwäche von Deutschland. Der Rückgang der Güterexporte in den mit Abstand wichtigsten Markt fiel überproportional hoch aus. Die positive Exportentwicklung in die USA und vor allem nach Indien konnten die Schwäche der europäischen Märkte bei Weitem nicht kompensieren. Lediglich einzelne Subbranchen konnten sich der negativen Entwicklung entziehen, so zum Beispiel der Bereich Energietechnik, der von der Transformation des Energiesystems profitiert.
Wie beurteilt der Verband das kommende Jahr 2025 aus konjunktureller Sicht?
Die konjunkturelle Schwäche der Tech-Industrie dürfte sich fortsetzen. Eine baldige Erholung ist angesichts der geopolitischen Unsicherheiten sowie dem weltweit tiefen Stand vieler Einkaufsmanagerindices nicht in Sicht. Besonders belastend ist der industrielle Rückgang Deutschlands, der auch strukturelle Gründe hat und daher länger andauern wird. Hinzu kommen weitere für die Tech-Industrie belastende Einflussfaktoren, die sich gefährlich akzentuieren könnten: Geopolitische Eskalationen würden erstens zu einer abrupten Aufwertung des Schweizer Frankens führen. Und zweitens hätte eine Umsetzung der angekündigten Zollpolitik durch US-Präsident Donald Trump das Potenzial, einen «Handelskrieg» mit dramatischen Folgen für die Weltwirtschaft auszulösen.
Welche besonderen Herausforderungen (technologisch, wirtschaftlich) sehen Sie auf die Verbandsmitglieder in den nächsten Jahren zukommen, und wie kann man darauf reagieren?
Im Vordergrund stehen drei Herausforderungen:
1. Zölle, Subventionen und Industriepolitik fördern die Blockbildung der drei grossen Wirtschaftsräume USA, EU und China. Die dadurch verursachten Marktverzerrungen erschweren für Schweizer Exportfirmen zunehmend den Zugang zu diesen Absatzmärkten. Für die Schweiz ist es deshalb besonders wichtig, neue Freihandelsabkommen abzuschliessen, um wenigstens die direkten Handelsbeziehungen zu einzelnen Staaten möglichst hindernisfrei zu gestalten.
2. In geopolitisch angespannten Zeiten spielt der Schweizer Franken eine verstärkte Rolle als internationale Reservewährung, was in kürzester Zeit zur Aufwertung unserer Währung führen kann. Gefordert ist dann die Schweizerische Nationalbank. Sie muss – unter Wahrung ihres Mandats, die Preisstabilität sicherzustellen – versuchen, solche Kurssprünge zu dämpfen.
3. Die Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) ist in den Firmen der Schweizer Tech-Industrie noch zu wenig verbreitet. Es ist die Aufgabe von Swissmem, mit ihrer eigens dafür geschaffenen Plattform «Next Industries» vorab KMU in der Anwendung von KI zu unterstützen.