20. Feb. 2025

Erneut starker Rückgang bei Fusionen mit Schweizer KMU

Die Zahl der Fusionen und Übernahmen von Schweizer KMU ist 2024 erneut stark zurückgegangen. Im Vergleich zum Vorjahr wurden knapp neun Prozent weniger Transaktionen verzeichnet, wie eine Deloitte-Studie zeigt. Diese Entwicklung steht im starken Gegensatz zum weltweiten Trend. Für die Schweiz fällt der Rückgang der rein inländischen Transaktionen besonders stark ins Gewicht: Sie sind um über einen Viertel (28 Prozent) eingebrochen. Für das Jahr 2025 sind die Aussichten dank des zunehmend niedrigen Zinsumfelds verhalten positiv.

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Bild: Deloitte Schweiz
Jährliche M&A-Aktivitäten von Schweizer KMU.

Im Jahr 2024 haben die Schweizer KMU deutlich weniger Transaktionen durchgeführt als im Vorjahr. Zwischen Januar und Dezember waren es insgesamt 179 Transaktionen (2023: 196 Transaktionen), was einem Rückgang von 8,7 Prozent entspricht. Dies zeigt die aktuelle Studie zu M&A-Aktivitäten von Schweizer KMU des Prüfungs- und Beratungsunternehmens Deloitte, wie Deloitte in einer Medienmitteilung schreibt. Negativer Haupttreiber waren die inländischen Transaktionen – also jene Aktivitäten, bei denen Schweizer KMU innerhalb der Schweiz ein anderes Unternehmen übernehmen. Diese sind um fast einen Drittel auf 48 Transaktionen zurückgegangen (−28,4 Prozent vs. 2023). Dies ist der tiefste Stand seit sechs Jahren.

Alle Sektoren waren vom starken Rückgang bei den rein inländischen Transaktionen betroffen. Hauptgrund ist eine Priorisierung des Wachstums ausserhalb der Schweiz durch Zukäufe, wie es weiter heisst. Schweizer KMU wollen so vermehrt Zugang zu neuen Märkten und kostengünstigeren Ressourcen erhalten. Darüber hinaus sind die Herausforderungen für die Finanzierung von Transaktionen durch eine stärkere Konzentration im Schweizer Bankensektor gestiegen. Und auch die angespannte Wirtschaftslage in Deutschland dürfte die Einkaufslust von Schweizer KMU gebremst haben.

Bei den Geschäften, bei denen Schweizer KMU als Käuferinnen von ausländischen Unternehmen auftraten (Outbound) kam es 2024 zu einer Trendwende. Seit 2020 ist dieser Wert stetig gestiegen, hat 2023 mit 69 Transaktionen seinen Höhepunkt erreicht und stagnierte nun im letzten Jahr bei 68 Transaktionen. Mit 82 Prozent aller Transaktionen investierten Schweizer KMU 2024 hauptsächlich in europäische Unternehmen. Spannend ist hier die Entwicklung weg von den grossen, geografisch nächstliegenden Handelspartnern Deutschland und Frankreich hin zu Investitionen in weiter weg liegende und kleinere, aber schneller wachsende Märkte mit tendenziell tieferen Kosten wie Polen und Spanien.

Übernahmen im IT-Sektor verlieren an Gewicht

Marginal angestiegen sind Inbound-Transaktionen, also Geschäfte, bei denen Schweizer KMU zum Ziel von Fusionen durch ausländische Unternehmen wurden. 2024 wurden 63 Inbound-Transaktionen durchgeführt (vs. 60 im Jahr 2023). Der grösste Teil aller M&A-Aktivitäten (85 Prozent) entfällt auf Unternehmen aus der Deutschschweiz.

Wichtigste Übernahmemärkte.
Bild: Deloitte Schweiz

Besonders europäische Investoren sind an Schweizer KMU interessiert: Sie sind für nahezu drei Viertel (73 Prozent) aller Aufkäufe verantwortlich. Die wichtigsten europäischen Investoren stammen aus Deutschland, Frankreich und Grossbritannien; 2024 wurden im Vergleich zum Vorjahr in all diesen Ländern mehr Transaktionen getätigt. Die grössten aussereuropäischen Investoren haben ihren Sitz in den USA. In der Schweiz waren vor allem Industrieunternehmen das Ziel von ausländischen Übernahmen (20 Prozent). Stark zurückgegangen ist derweil der Anteil der Übernahmen von IT- und Softwarefirmen (2024: 14 Prozent vs. 2023: 20 Prozent).

Ein verhalten positiver Ausblick

Nach einem schlechten Transaktionsjahr 2023 konnte sich der weltweite M&A-Markt 2024 leicht erholen (USA +2,8 Prozent, Europa +12 Prozent), wie die Jahresvergleichszahlen der Finanzmarkt-Nachrichtenagentur Mergermarket zeigen. Die Schweiz blieb damit klar hinter den internationalen Entwicklungen. «Strengere Regulierungen in den USA, Grossbritannien und anderen Staaten haben auch Transaktionen mit Schweizer Beteiligung ausgebremst – besonders in innovative Branchen und bei strategischen Gütern. Dadurch hat sich ein erheblicher Rückstau aufgebaut, der sich 2025 mit dem Abschluss vieler aufgeschobener Deals wieder etwas auflösen dürfte», lässt sich Kristina Faddoul, Leiterin Strategy, Risk & Transactions Advisory bei Deloitte Schweiz, zitieren.

Die aktuelle wirtschaftliche Lage dürfte mehr Transaktionen begünstigen. Für das angelaufene Jahr zeichnet sich für die Schweiz ein moderat beschleunigtes Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent ab, wie aus Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) hervorgeht. Auch sinkende Leitzinsen dürften den M&A-Markt weiter beleben und ein attraktiveres Finanzierungsumfeld schaffen. Die Stärke des Schweizer Frankens und die Widerstandsfähigkeit der hiesigen Wirtschaft im Vergleich zu den Nachbarländern untermauern diesen positiven Ausblick.

Ungewissheit und geopolitische Unsicherheiten

Dazu Kristina Faddoul: «Im Januar des laufenden Jahres war in der Schweiz bereits eine verstärkte Aktivität bei Fusionen und Übernahmen zu verzeichnen. Für das Jahr 2025 stimmt uns dies grundsätzlich optimistisch und wir erwarten, dass die M&A-Aktivitäten der Schweizer KMU wieder zunehmen und so mehr Dynamik in den Markt kommt. Blicken wir über die Grenzen hinaus, sehen wir jedoch, dass im internationalen Umfeld zahlreiche wirtschaftliche und geopolitische Faktoren für Unsicherheit und Instabilität sorgen. Die Situation ist sehr volatil, was sich auch in den weltweiten Transaktionszahlen für den Januar zeigt, die im Vergleich zum Vorjahr um 49 Prozent zurückgegangen sind. Eine aussagekräftige Prognose für 2025 ist entsprechend schwierig.»

deloitte.ch