Werkzeuge haben mehrere Leben
Die Wiederaufbereitung von Werkzeugen bietet zwei entscheidende Vorteile: Sie reduziert Abfall und macht Zerspanungsprozesse nachhaltiger.

Im April 2025 berichtete die unabhängige Initiative Climate TRACE, dass sich die weltweiten Emissionen in den ersten beiden Monaten des Jahres 2025 auf insgesamt 10,32 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalent beliefen. Ein Hauptverursacher dieser Emissionen sind Industrieabfälle, die grösstenteils auf Mülldeponien landen. Und obwohl Recycling hilft, ist es keine umfassende Lösung. Patrik Eurenius, Head of Sustainability and EHS (Environmment, Health and Safety) bei Sandvik Coromant, erläutert im Folgenden, wie die Wiederaufbereitung von Werkzeugen eine wertvolle Ergänzung darstellt.
Die weltweite Abfallmenge nimmt rapide zu. Die UNO geht davon aus, dass die Menge der kommunalen Abfälle bis zum Jahr 2050 auf 3,8 Milliarden Tonnen steigen wird, wovon derzeit etwa 50 Prozent aus der Industrie stammen. Um zu verhindern, dass sich solche Abfallprognosen bewahrheiten und die globalen Emissionen weiter steigen, ist eine signifikante Reduzierung der Industrieabfälle unerlässlich.
In Branchen wie der Luft- und Raumfahrt, dem Automobilbau sowie der Öl- und Gasindustrie sind Zerspanungswerkzeuge unverzichtbar. Die Werkzeuge sind dort extremen Bedingungen wie hohem Druck, grosser Hitze und abrasiven Materialien ausgesetzt. Sie verschleissen unweigerlich, weshalb einige Unternehmen geneigt sind, sie vorzeitig zu ersetzen, um Stillstandzeiten zu vermeiden. Durch eine bewährte Wiederaufbereitungsstrategie kann die Lebensdauer eines Werkzeugs jedoch signifikant verlängert werden, sodass es noch mehrere Male effektiv genutzt werden kann.
Komplexe Wiederaufbereitung
Die Wiederaufbereitung von Werkzeugen ist weitaus mehr als nur das einfache Nachschleifen. Es handelt sich um ein präzises, mehrstufiges Verfahren, mit dem ein abgenutztes Werkzeug wieder in seine ursprüngliche Geometrie gebracht wird. Indem Hersteller das volle Potenzial moderner Werkzeugtechnologien ausschöpfen, können sie die Lebensdauer der Werkzeuge verlängern und ihre Abhängigkeit von Rohstoffen minimieren.
In einem ersten Schritt wird das abgenutzte Werkzeug einer umfassenden Prüfung unterzogen. Mithilfe moderner Messgeräte werden die Verschleissmuster sowie die strukturelle Integrität bewertet. Dabei werden auch Defekte wie Freiflächen- und Kolkverschleiss sowie Ausbrüche aufgespürt. Dieser Schritt ist von entscheidender Bedeutung, da so die Bereiche identifiziert werden, die aufgearbeitet werden müssen, und festgestellt wird, ob sich das Werkzeug für eine Wiederaufbereitung eignet.
Ist das Werkzeug für die Wiederaufbereitung geeignet, beginnt das Nachschleifen. Hierzu kommen moderne CNC-Maschinen zum Einsatz, mit denen sich die Schneiden und das geometrische Profil des Werkzeugs auf wenige Mikrometer genau wiederherstellen lassen. In dieser Phase wird besonders darauf geachtet, die thermischen Belastungen zu kontrollieren und die Schneide und die Mittelachse des Werkzeugkörpers exakt aufeinander abzustimmen. So wird sichergestellt, dass der strukturelle Kern des Werkzeugs nicht beeinträchtigt wird.

Durch die bewährte Wiederaufbereitungsstrategie von Sandvik Coromant kann die Lebensdauer eines Werkzeugs signifikant verlängert werden.
Anschliessend wird eine neue Beschichtung aufgetragen, um die Widerstandsfähigkeit des Werkzeugs gegen Hitze, Abrieb und chemischen Verschleiss zu erhöhen. Mithilfe hochpräziser Verfahren wie der physikalischen (PVD) oder chemischen (CVD) Gasphasenabscheidung wird eine gleichmässige Beschichtung mit optimaler Haftung erreicht. PVD-Verfahren werden in der Regel für hochpräzise Werkzeuge bevorzugt, da sie bei niedrigeren Temperaturen arbeiten und thermische Verformungen somit vermieden werden können.
Nach dem Nachschleifen und Beschichten wird das wiederaufbereitete Werkzeug einer strengen Leistungsprüfung unterzogen. Dazu gehören die Analyse der Kantenintegrität, die Bewertung der Beschichtungshaftung, Kratztests und Leistungsvergleiche mit neuen Werkzeugen. Diese Tests entsprechen den Tests, die auch bei neuen Werkzeugen durchgeführt werden, und sollen sicherstellen, dass das wiederaufbereitete Werkzeug die ursprünglichen Herstellungsstandards hinsichtlich Leistung, Qualität und Präzision erfüllt.
Sobald die Werkzeuge fertiggestellt sind, werden sie gereinigt und in einer Schutzverpackung verpackt, um Transportschäden zu vermeiden. Anschliessend werden sie an den Kunden zurückgeschickt und sind für einen hochpräzisen und effizienten Wiedereinsatz bereit.
Wiederaufbereitung und mehr
Sandvik Coromant bietet über sein globales Netzwerk von Wiederaufbereitungszentren einen umfassenden, durchgängigen Wiederaufbereitungsservice an. Diese Zentren tragen über die reine Werkzeugleistung hinaus dazu bei, einen umfassenden Wandel in der Fertigungspraxis voranzutreiben.

Neben den Wiederaufbereitungszentren hat Sandvik Coromant auch ein eigenes Recyclingprogramm für Hartmetallwerkzeuge, die so abgenutzt sind, dass eine Wiederaufbereitung nicht mehr möglich ist.
Neben den Wiederaufbereitungszentren hat Sandvik Coromant auch ein eigenes Recyclingprogramm für Hartmetallwerkzeuge, die so abgenutzt sind, dass eine Wiederaufbereitung nicht mehr möglich ist. In einer Recyclinganlage in Österreich werden die verschlissenen Werkzeuge gesammelt und zu neuen Produkten verarbeitet. Dabei werden auch wichtige Ressourcen wie Wolfram zurückgewonnen.
Aufgrund seines hohen Schmelzpunkts, seiner Festigkeit und Verschleissfestigkeit ist Wolfram ein wichtiger Werkstoff für Zerspanungswerkzeuge, insbesondere für Hochleistungslegierungen. Diese werden immer häufiger in der Luft- und Raumfahrt sowie in der Autoindustrie verwendet. Die verbleibenden Wolframreserven der Erde belaufen sich jedoch nur auf etwa sieben Millionen Tonnen, was einem Verbrauch von 100 Jahren entspricht. Der Rückgewinnungsprozess von Sandvik Coromant ist daher für die Verringerung des CO2-Fussabdrucks und die Aufrechterhaltung der Produktion von entscheidender Bedeutung.
Fazit
Um die Klimaziele zu erreichen und Emissionen zu begrenzen, ist es entscheidend, Industrieabfälle zu reduzieren. Die Wiederaufbereitung von Werkzeugen hilft Fertigungsunternehmen dabei, ihre Abfallwirtschaft zu optimieren und von herkömmlichen Verbrauchspraktiken abzurücken. So tragen sie zu einer Welt bei, die ressourceneffizienter und umweltverträglicher ist.